Strafverteidiger Becker: Die Rechtsfolgen der Tat – Teil 2: Die Strafzumessung

Die verschiedenen Strafen, die das deutsche Rechtssystem vorsieht, habe ich im letzten Blog-Post vorgestellt. Neben Art der Strafe spielt jedoch auch die Strafzumessung, eine Rolle – wie im Folgenden erklärt wird.

Grundlegend beeinflussen viele verschiedene Faktoren die Zumessung der Strafe. Der wohl bekannteste Faktor dürfte hierbei der Vergeltungsgedanke sein. Die Opfer bzw. deren Angehörigen sollen Genugtuung erfahren. Ginge es allein danach, würden die Gerichte wohl viel höhere Strafen verhängen.

Ein weiterer Grund eine Strafe zu verhängen ist der Präventionsgedanke. Der Strafe kommt dabei eine Erziehungsfunktion zu. Der Straftäter soll begreifen, dass er etwas falsch gemacht hat und die Gesellschaft das nicht toleriert. Die Aussicht auf eine erneute Strafe soll ihn dabei von der Begehung neuer Delikte abhalten.

Der Schutz der Gesellschaft und Resozialisierung (=Wiedereingliederung in die Gesellschaft ) sind weitere Faktoren, die bei der Strafzumessung eine Rolle spielen. Zum einen soll die Gesellschaft durch „wegsperren“ von Straftätern vor diesen geschützt werden. Die Freiheitsstrafe sollte nach Möglichkeit dabei aber nur so lange sein, dass eine Resozialisierung möglich ist. Es nützt niemanden etwas, wenn Straftäter, die ihre Strafe verbüßt haben, nicht wieder in die Gesellschaft integriert werden können. Dann haben sie nur noch eine Möglichkeit, nämlich die Begehung neuer Straftaten.

Letztlich spielt auch das Finanzielle eine gewichtige Rolle. Jeder Straftäter, der eine Freiheitsstrafe verbüßt, kostet den Steuerzahler einhundertfünfzig Euro am Tag. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren hat der Gesetzgeber für jede Straftat einen Strafrahmen, d.h. eine untere und eine obere Grenze für das Strafmaß festgelegt.

Innerhalb dieses Strafrahmens haben die Gerichte die Strafe zu bemessen. Hierbei passt das Bildnis einer Waage sehr gut: Begonnen wird in der Mitte des möglichen Strafrahmens. Zunächst wird alles, was für den Angeklagten spricht, berücksichtigt. Hier neigt sich die Waage zur einen Seite und die Strafe verringert sich. Strafmildernd kann sich zum Beispiel auswirken, wenn der verursachte Schaden sehr gering ist und der Täter freiwillig Wiedergutmachung geleistet hat. Auch ein Geständnis oder keine bzw. wenige Vorstrafen werden strafmildernd berücksichtigt. Danach wird betrachtet, was gegen den Angeklagten spricht. Besonders schwere Taten bzw. Tatfolgen, Wiederholungstaten oder andere Vorstrafen werden dabei strafverschärfend berücksichtigt und die Waage neigt sich wieder in die andere Richtung.

Die so ermittelte Strafe wird dann ins Bundeszentralregister eingetragen. Übrigens: Solange hier nur eine Strafe eingetragen ist und diese neunzig Tagessätze oder drei Monate Freiheitsentzug nicht überschreitet, darf der Straftäter sich als unbestraft bezeichnen. Im Volksmund heißt das auch oft „nicht vorbestraft“.